FreedomForLinks 2011

Aufgrund es Missbrauches des Piratenpads ist wieder einmal die Frage nach der Linkhaftung ein Thema geworden.
Tja, schon damals mit „FreedomforLinks“ (möge der heilige Isidor
der Projektasche gnädig sein, http://blog.xwolf.de/2001/02/07/isidor-steh-uns-bei/ ) wurde ja versucht, sowas anzustossen…

Das Problem Linkhaftung ist für den Normalbürger nur schwer zu verinnerlichen und es ist trotz der für viele Netizen scheinbaren Offensichtlichkeit immer wieder von Neuen eine Herausforderung.

Auch Mitglieder der Piraten sind an der Stelle nicht einer Meinung.

So gab es kürzlich hier in Mittelfranken einen ganz anderen Fall, der auch die Linkhaftung betraf:
Teile des Stadtrats Erlangen wollten die Uni Erlangen auffordern, einen speziellen Link (aus einer riesen, langen alphabetischen und ungewerteten Liste aller bekannten studentischen Initiativen, Fachschaften, Burschenschaften, verbindungen, etc, http://www.uni-erlangen.de/studierende/studentenseiten.shtml ) zu nehmen.
Am Ende kam es nur zu einer offiziellen Bitte des Stadtrats auf Prüfung, die der Uni Präsident zu recht schon vorab schon ablehnte.
vgl: http://www.nordbayern.de/region/erlangen/erlanger-stadtrat-uni-soll-link-zu-burschenschaft-prufen-1.1627922

Aber dies war meiner Meinung nach ein kurzsichtiger Schuss ins Knie, da die Stadträte nun einen Präzendenzfall geschaffen haben. So mag es zwar verständlich sein, daß ein Link zu einer Burschenschaft abgelehnt wird; Aber andererseits kann nunmehr mit selben Chuzpe eine gewisse große Partei in Bayern aus selbigen Argumenten die Verlinkung von Sites geisseln, die in derren Augen kritisch zu sehen ist. Z.B. Verbindungen mit Antifa-Kontakten oder z.B. die Site des Stammtisches der Schwulen und Lesben. Dieses Tor in die Hölle wurde mit den besten Absichten
geöffnet… Tja.

Man muss also auch den Kontext beachten. Was hier offensichtlich nicht getan wurde.

Und damit kommen wir zum Pad zurück.
Ist es richtig und gut, das gesamte Pad und dessen offene Idee zu beschädigen, nur weil es in wenigen Fällen auch missbraucht werden kann (gezielt oder nicht mag eine andere Frage sein)?
Müsste dann nicht auch längst die Wikipedia weg sein? Oder das Usenet? Die offenen Mailinglisten/Sync-Forum? Wo hören wir auf?

Das Problem ist also:
Wenn alle Links frei sind, brauchts mündige und aufgeklärte Menschen, die damit umgehen können was sie erwartet. Gleichzeitig braucht es ein Klima der Tolleranz gegen Dinge die dem eigenen Weltbild widersprechen. Und noch mehr: Die von vielen Politikern (und jüngst auch Datenschützern, die es pauschal Nutzern von sozialen Plattformen absprachen, derren AGB und Geschäftsmodell zu verstehen, so daß die Einwilligung der Nutzer zur verwendung der Daten unwirksam sei ) gezeigte Art, Menschen durch Bevormundung schützen zu wollen, müsste aufhören.

Soweit sind wir aber leider nicht.
Selbst 10 Jahre nach FreedomforLinks.

Heute bleibt also nun ein Mischmasch-Kompromiss: Eine klare Aussage ist nicht zu treffen.
Im Zweifel ist der Linksetzer („der Überbringer der Nachricht“?) schuld. Ob ein Link gut oder Böse ist, entscheidet nicht jeder Besucher für sich, sondern wird von Fall zu Fall entschieden. Teilweise von Laien, Kommissionen oder sogar Gerichten. Wer heute Links setzt oder eine offene Plattform bietet (ja sogar Free (W)LAN anbietet um Menschen Gutes zu tun), der muss viel Mut haben. Ist das gut so? Fördert dies die Sache?

Ich bin dafür, das Pad wieder in seiner ursprünglichen Offenheit frei zu geben. Aber gleichzeitig sollte klar sein, daß man wachsam bleiben muss gegen (u.a. parteipolitisch gezielten) Missbrauch. Dagegen muss was getan werden, nicht gegen die normalen User. Und erst recht nicht gegen die Idee der Offenheit!

Technik sollte dies leisten können. Wenn die Technik soweit ist, geschickten SPAM zu erkennen oder gar bezahlte Forennutzer (vgl: http://www.golem.de/1111/87957.html), dann muss es auch möglich sein, sowas zu erkennen und zu verhindern.

Das Argument, daß Technik aufwendig oder teuer sei, kann und will ich als Informatiker nicht einsehen. Die technik muss an die Bedürfnisse und Anforderungen der Menschen angepasst sein. Das Menschen sich hingegen wegen Verbote oder Missbrauch oder auch nur wegen mangelhafter Usability oder schlechter Barrierefreiheit der Technik unterwerfen ist nicht akzeptabel.

Update:   Das Piratenpad ist wieder online.